Rotschmierkäse mit Radikalfänger

Natürliches Carotinoid mit ungewöhnlicher Struktur schützt vor oxidativen Schäden

Carotinoide verleihen nicht nur Karotten und Rotschmierkäse wie Münster, Limburger oder Romadur ihre leckere Farbe, sie schützen Organismen auch vor oxidativem Stress. Ein Forscherteam um Hans-Dieter Martin und Wilhelm Stahl von der Universität Düsseldorf hat eines dieser Carotinoide im Labor nachgebaut und charakterisiert. Wie er in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet, zeichnet es sich durch herausragende Antioxidations- und Lichtschutzeigenschaften aus.

Carotinoide sind in der Natur weit verbreitete gelbe bis purpune Farbstoffe, die u.a. als Antioxidantien wirken. Sie schützen Organismen vor oxidativem Stress, indem sie reaktive Sauerstoffspezies wie Singulettsauerstoff und freie Radikale abfangen. Antioxidantien werden auch Lebensmitteln, Arzneimitteln und Kunststoffen zugegeben, um die Oxidation empfindlicher Moleküle zu verhindern.

Bakterien, die zur Produktion von Rotschimmelkäse verwendet werden (Brevibacterium linens), enthalten 3,3'-Dihydroxyisorenieratin (DHIR), ein Carotinoid mit einer einzigartigen Struktur. Carotinoide bestehen aus einer langen Kohlenwasserstoffkette, in der sich Einfachbindungen mit Doppelbindungen abwechseln. DHIR trägt zusätzlich an beiden Enden der Kette je eine phenolische Gruppe, einen aromatischen Kohlenstoffsechsring mit einer OH-Gruppe. Auch phenolische Verbindungen sind als Antioxidantien bekannt, z.B. die Tannine in Tee und Wein.

Mithilfe eines neuen Synthesewegs gelang es dem deutschen Forscherteam erstmals, ausreichende Mengen für umfangreiche Studien des Eigenschaftsprofils von DHIR zu gewinnen. Dabei erwies sich DHIR als ausgezeichnetes Antioxidans, das andere als hochwirksame Antioxidantien etablierte Carotinoide um Längen schlägt. Auch seine Lichtschutzeigenschaften sind überlegen: DHIR bewahrt Zellen vor Schäden durch UV-Bestrahlung, indem es sowohl UV-Licht absorbiert als auch die durch die Bestrahlung entstehenden freien Radikale abfängt.

Diese erstaunlichen antioxidativen und photoprotektiven Eigenschaften scheinen auf einem synergistischen Zusammenwirken der carotinoiden und phenolischen Strukturelemente von DHIR zu basieren.

Beim Abfangen von freien Radikalen werden in einigen Fällen zunächst die beiden phenolischen Gruppen zu chinoiden Gruppen oxidiert. Das entstehende chinoide Carotinoid, das ebenfalls von den Wissenschaftlern synthetisiert und charakterisiert werden konnte, ist selber auch ein sehr starkes Antioxidans. Interessanterweise ist es blau und erweitert damit die durch Carotinoide erzielbare Farbpalette.

Ob sich DHIR und sein chinoides Oxidationsprodukt als Lebensmittel- und Futterfarbstoff, Kosmetikbestandteil, Lichtschutzkomponente und Antioxidans industriell nutzen ließen, wird derzeit untersucht. Die Verbindungen könnten auch bei der Prävention degenerativer Erkrankungen, die mit Schäden durch freie Radikale in Zusammenhang stehen, etwa der Makuladegeneration, Anwendung finden.

Quelle: Düsseldorf [ GDCh ]

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