Trendbericht Funktionelle Lebensmittel Anuga FoodTec 2009

Von Alpha bis Omega: Funktionelle Inhaltsstoffe verheißen Gesundheit und Wohlbefinden und sorgen für Wachstumsimpulse am Markt

Für Verbraucher von heute haben gesunde Ernährung und Getränke einen hohen Stellenwert. Und spätestens seit probiotische Joghurts die Kühlregale erobert haben, weiß jeder Konsument, dass sich in unserem Darm unzählige Bakterien tummeln: Sie heißen Digestivum essensis, Lactobacillus reuteri oder Lactobacillus casei defensis. Als probiotische Zusätze in Joghurt und Milchdrinks sollen sie unsere Abwehrkräfte stärken und die Verdauung regulieren. Gleichzeitig fragen Verbraucher vermehrt nach alkoholfreien Getränken, die der Anforderung „funktional“ entsprechen. Um diesem Bedürfnis gerecht zu werden, bieten die Hersteller funktionaler Inhaltstoffen den Getränkeproduzenten verschiedene Konzepte, bei denen der funktionale Zusatznutzen aus natürlichen Quellen stammt.

Probiotika gehören zu den Milchsäurebakterien, wie sie zum Beispiel auch in Sauerkraut, Sauerteig, Rohwürsten und gesäuerten Milchprodukten wie Joghurt oder Buttermilch vorkommen. Die gesundheitsfördernden Eigenschaften probiotischer Bakterien sind schon seit langem bekannt. In Japan gibt es mit Probiotika angereicherte Milchprodukte bereits seit rund 70 Jahren.

Sicher durch den Magen-Darmtrakt

Von zentraler Bedeutung ist es, die Lebensmittel schonend zu verarbeiten, um die Vitalität und Stabilität der Mikroorganismen zu erhalten. Um ihre probiotische Funktion zu entfalten, sollten sie den Magen-Darm-Trakt heil durchlaufen. Eine Möglichkeit ist, die Mikroorganismen mit Substraten zu umhüllen, d.h. zu verkapseln, um sie sicher durch den Magen-Darm-Trakt zu schicken. In den Kapseln sind die Probiotika in ein Netzwerk aus natürlichen Weizenfasern oder Polysacchariden wie Stärke oder Pektine gebettet und zusätzlich von einer Schale aus Protein- und Kohlenhydratmolekülen umhüllt. Dadurch ist zum einen sichergestellt, dass der Geschmack der Lebensmittel durch die Probiotika nicht leidet. Zum anderen sind die Bakterien vor der Magensäure geschützt. Unter Verkapselung versteht man alle Verfahren zur vollständigen Umhüllung oderEinbettung von Flüssigkeitstropfen, festen Partikeln oder auch Gasen in eine feste Hüllsubstanz (Matrix). Die Kapselgrößen bewegen sich etwa zwischen 5 und 500 m Durchmesser. Die Wahl des Verkapselungsverfahrens hängt im Wesentlichen von den Eigenschaften des Kern- und Hüllmaterials ab. Sprühtrocknung und Extrusion haben sich in der Lebensmittelindustrie als die am häufigsten genutzten Verfahren zur Mikroverkapselung etabliert. Beide lassen sich in großtechnischem Maßstab sowohl im Batch-Verfahren als auch in der kontinuierlichen Produktion wirtschaftlich einsetzen.

Bisher werden die Keime vor allem gefroren oder getrocknet, bevor sie einem Joghurt als Pulver in hochkonzentrierter Form zugegeben werden. Wissenschaftler am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München gehen einen anderen Weg und setzen auf das Milchprotein Casein zur Mikroverkapselung der probiotischen Keime. Innovativ ist allerdings nicht nur das Hüllenmaterial, sondern vor allem das schonende Herstellungsverfahren. Um das Casein in geeignete Mikrokapseln zu verwandeln, werden die Keime mit dem Milcheiweiß gemischt, das als Hüllstoff dienen soll. Nach Zugabe eines speziellen Enzyms, der Transglutaminase, und der Herstellung einer Wasser-in-Öl-Emulsion bildet sich ein Casein-Gel, in dem die gesunden Bakterien von einem dichten Netz umschlossen sind. Die durchschnittlich 150 Mikrometer kleinen Kügelchen werden anschließend durch Schleudern abgetrennt und gewaschen. Ein Gramm Mikrokapseln enthält dann rund fünf Milliarden lebende Keime.

Funktionalität als Trend im Getränkesektor ACE-Getränke, Energy Drinks, Sportler-Getränke, probiotische Milchdrinks, Frühstückdrinks, Vitamingetränke, Wellness-Getränke und Wässer mit verschiedenen Wirksubstanzen – es herrscht wahrlich kein Mangel an Getränken mit funktionalem Zusatznutzen, die um die Gunst des Verbrauchers am Markt ringen. Die Palette der Substanzen, die den Getränken zugesetzt werden, reicht von Apfelessig und Aloe Vera über Johanniskraut, Ginseng und Guarana, von Kombucha, Koffein und Coenzym Q10 bis zu Vitaminen, Omega-3-Fettsäuren, Mineral-, Ballast- und Sekundären Pflanzenstoffen, von Fettsäuren bis zu Zitronengras.

Für Lebensmittelhersteller bietet dieser Trend vielfältige Möglichkeiten, neue Functional Food-Produkte zu entwickeln, die die Ansprüche der Verbraucher erfüllen. Viele funktionale Inhaltstoffe stellen jedoch sehr hohe Anforderungen an die Verarbeitung, damit ihre ernährungsphysiologischen Eigenschaften erhalten bleiben. Häufig handelt es sich um hitzesensible Inhaltsstoffe, die funktionellen Lebensmitteln zugesetzt werden. Spezielle Dosiersysteme ermöglichen beispielsweise das aseptische Inline-Dosieren von flüssigen Zusatzstoffen nach der Enderhitzung des Basisprodukts unmittelbar vor der Abfüllung in die Verpackung. Die Dosierung erfolgt durch einen sterilen Schlauch, der an den Beutel mit dem zu dosierenden Produkt angeschlossen ist. Eine sterile Nadel injiziert die Additive in das Basisprodukt. Dampfbarrieren erhalten die aseptischen Bedingungen während des Prozesses. Die hitzeempfindlichen funktionalen Zusatzstoffe werden somit nicht mehr erhitzt. Wurden probiotische Bakterien bisher vor allem in Joghurt oder Produkten aus fermentierter Milch angeboten, so können dank dieser Dosiersysteme nun auch Fruchtsäfte oder Smoothies mit Milchsäurebakterien angereichert würden. Und so kam 2006 in Irland der erste probiotische Orangensaft auf den Markt.

Glaubwürdigkeit ist für den Erfolg entscheidend Marktanalysten bescheinigen dem Markt für funktionelle Lebensmittel nach wie vor eine hohe Dynamik. Laut Informationen des Zukunftsinstituts in Kelkheim gibt es Prognosen, die davon ausgehen, dass Functional Food bis 2010 rund 25 Prozent des weltweiten Lebensmittelmarkts ausmachen wird. Bis 2050 sollen es sogar 50 Prozent sein. Ganz unrealistisch ist diese Vorhersage nicht – schließlich arbeiten die Konsumenten auch hier zu Lande eifrig an ihrer Verwirklichung mit: Functional Food hat sich bei den deutschen Verbrauchern so weitgehend durchgesetzt, dass es kaum noch als solches wahrgenommen wird. Schenkt man dem Marktforschungsinstitut AC Nielsen Glauben, so ist der deutsche Markt für funktionelle Lebensmittel mit 5,1 Mrd. EUR Umsatz mittlerweile der größte in Europa. Sein Wachstumspotenzial wird auf 20 Prozent pro Jahr geschätzt. Rund 43 Prozent der Deutschen achten laut Branchenbericht „Ernährungstrends 2008“ (Axel Springer) beim Lebensmittelkauf bereits auf den „gesundheitsfördernden Zusatznutzen“.

Die Glaubwürdigkeit ist im deutschen Functional Food-Markt dagegen der eigentliche Knackpunkt. Nach einer Befragung im repräsentativen Haushaltspanel von ACNielsen geben rund 50 Prozent der deutschen „Kaufverweigerer“ von Functional Food-Produkten an, nicht an die Wirkung zu glauben – der höhere Preis spiele dagegen eine deutlich geringere Rolle. Die Ergebnisse zeigen, dass geringe Glaubwürdigkeit eine echte Hürde für den Erwerb funktioneller Lebensmittel darstellen kann. Die Health-Claims-Verordnung bietet mittelfristig die Chance, die Glaubwürdigkeit von Functional Food in den Augen der Verbraucher zu unterstützen. Denn strikte Vorgaben für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln dürften sich auf die Kommunikation und letztlich auch auf das Verbraucherverhalten positiv auswirken.

Die Anuga FoodTec vom 10. bis 13. März 2009 bietet der internationalen Ernährungswirtschaft eine Informations- und Beschaffungsplattform, die den gesamten Technologie- und Investitionsbedarf für die Produktion aller Bereiche der Lebensmittelindustrie abdeckt. Erwartet werden erneut über 1.100 ausstellende Unternehmen aus rd.40 Ländern, davon kommen ca. 50 Prozent der Anbieter wieder aus dem Ausland. Die Anuga FoodTec belegt die Hallen 4, 5, 6, 7, 8, 9 und10 des Kölner Messegeländes mit einer Gesamtbruttofläche von 110.000 m².

Quelle: Köln [ Koelnmesse ]

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