Innovative Behandlungs- und Verarbeitungsverfahren eröffnen Getränkebranche neue Möglichkeiten
Fachtagung "Abfüllung sensibler Getränke" der Akademie Fresenius zeigt Neuheiten aus Forschung und industrieller Praxis
Die Vielfalt an Füllgütern und Produktionsprozessen in der Getränkebranche wächst ständig. Ein Großteil der neuen Produkte gilt als "sensibel" und bedarf einer schonenden Behandlung. Einflussfaktoren, die sich auf ein sensibles Getränk auswirken können, sind dabei zahlreich und stellen Anlagenbauer wie Produzenten fortwährend vor neue Herausforderungen. Für einige der Herausforderungen zeichnen sich nun innovative Lösungen ab: Neue Verfahren versprechen optimierte Prozesse und verbesserte Produkteigenschaften. Die bedeutendsten Innovationen und weitere neue Erkenntnisse im Fachbereich wurden nun auf der 10. Fresenius-Fachkonferenz "Abfüllung sensibler Getränke" am 12. und 13. September 2012 in Mainz präsentiert.
Erstmalig wurde auf der Fresenius-Konferenz die Weltneuheit "USB-forming" der Firma E-proPLAST GmbH für PET-Hotfillflaschen vorgestellt. Das "Ultra-Sonic-Bottle-forming", so der volle Namen des Verfahrens, bringt mithilfe von Ultraschall PET-Flaschen wieder in Form, die sich nach der Heißabfüllung verformt haben. Mit dem neuen Verfahren könne ein ähnliches Flaschengewicht wie bei der kalt-aseptischen Abfüllung und damit eine deutliche Kostenreduktion erreicht werden, unterstrich Geschäftsführer Rüdiger Löhl einen der Hauptvorteile des neuen Verfahrens. Über Grenzflächen- und Molekularreibung entstehe beim Ultraschall Wärme, welche den Kunststoff sich verformen lasse und Innendruck erzeuge, erklärte Löhl. Auf diese Weise ergäben sich ein flacher Boden und eine absolut glatte Außenfläche der Flasche, die infolgedessen sehr gut mit preisgünstigen Papieretiketten etikettiert werden könne. Über das Verfahren erreiche man zudem einen optimalen Füllstand und eine größere Designfreiheit bei der Gestaltung der PET-Flasche, schloss Löhl.
PEF und HPP verbessern Produktqualität
Matthias Schulz (TU Berlin) stellte auf der Konferenz zwei bislang noch wenig in industriellem Maßstab genutzte Behandlungsverfahren für sensible Getränke vor: Zum Einen biete das Verfahren gepulster elektrischer Felder (Pulsed Electric Fields, PEF) die Möglichkeit, einen nicht-thermischen Zellaufschluss zu erzeugen und damit zahlreiche Prozessparameter wie die Saftausbeute bei Früchten oder die Zerkleinerungsleistung optimieren zu können. In Folge dessen erreiche man eine zusätzliche Freisetzung von Inhaltsstoffen, erläuterte Schulz. Zum Anderen könne per isostatischem Hochdruck (High Pressure Processing, HPP) ein hochwirksames Verfahren zur Inaktivierung von Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen und Hefen sowie bakterieller Sporen eingesetzt werden, ohne dabei die Qualität und die natürlichen Eigenschaften des Produktes nachhaltig zu beschädigen. Mithilfe der innovativen Methode könne eine bis zu 10-fach längere Haltbarkeit erreicht werden, warb Schulz für die Vorteile des Verfahrens. Bereits kommerziell erhältliche Produktbeispiele fänden sich bei Fruchtsäften oder Smoothies, bei denen sich zum Teil nicht nur der Vitaminerhalt durch HPP verbessert habe, sondern auch deren sensorische Parameter im Test positiver als bei Produkten ohne entsprechende Behandlung wahrgenommen wurden.
Interaktion zwischen Prozesstechnik und Produkteigenschaften hoch
Neben neuen Wegen zur Verarbeitung von sensiblen Getränken wurde auch auf die Gefahren von Prozesstechnik für entsprechende Produkte hingewiesen. Bei der Auslegung von Anlagen werde bisher zu wenig an die physikalischen Eigenschaften eines Getränks gedacht, dabei seien diese für die sinnvolle Planung von Prozesstechnik wesentlich, führte Dr. Jörg Zacharias (Krones AG) aus. Jeder Prozessschritt könne bestimmte Eigenschaften eines Produkts verändern - je nach Prozessabschnitt müsse daher mit Veränderungen einzelner physikalischer Eigenschaften oder zumindest der visuellen Erscheinung eines Getränks bzw. seiner Rohstoffe prozessbedingt gerechnet werden, so Zacharias. Beispielsweise geschehe die Beschädigung von Fruchtstückchen zumeist durch die Temperatur und mechanische Belastung des Prozesses. Allgemeine Aussagen seien hierzu jedoch nicht möglich, da die Qualität des Rohmaterials und die Art der verarbeiteten Frucht entscheidenden Einfluss auf den letztendlichen Effekt hätten. In jedem Fall besonders relevant bei der Anlagenplanung seien Informationen über die Viskosität und partikuläre Zusammensetzung eines Produkts, da die Interaktion zwischen diesen Eigenschaften und der Prozesstechnik meist besonders gravierend ausfalle.
Ohne Informationen keine Konformität
Dr. Ullrich Nehring (Institut Nehring GmbH) zeigte auf der Fachtagung auf, dass sich der Informationsfluss innerhalb der Wertschöpfungskette entscheidend verbessern müsse, um den gestiegenen Anforderungen an lebensmittelrechtliche Verpackungskonformität gerecht werden zu können. Auf jeder Stufe der Kette müssten die handelnden Akteure ihren Beitrag leisten, um Konformität nicht nur zu erreichen, sondern sie auch nachweisen zu können. Insbesondere Abfüller und andere Produkthersteller seien dazu aufgerufen, die Konformitätsnachweise vorgeschalteter Stufen (d.h. von Verpackungsherstellern) zu prüfen und ihrerseits umfassende Gefahrenanalysen und Risikobewertungen des gelieferten Verpackungsmaterials durchzuführen. Problematisch sei jedoch, dass die notwendigen Informationen zur Prüfung der Nachweise bislang häufig nicht an die Abfüller weitergegeben würden, diese aber für eine korrekte Prüfung unbedingt notwendig seien, erklärte Nehring. Hier müssten die Verpackungshersteller und ihre Vorlieferanten in jedem Fall mehr Transparenz schaffen und die Abfüller mit allen relevanten Informationen versorgen, um eine sachgemäße Prüfung ermöglichen zu können, schloss Nehring.
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Quelle: Dortmund, Mainz [ Akademie Fresenius ]