Wie Hunderttausende Übergewichtige betrogen werden

Die Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. warnt vor freiverkäuflichem angeblichen Fettmagneten Chitosan

Was Ernährungsmediziner und Ernährungswissenschaftler schon lange vermuten, beweist jetzt eine wissenschaftliche Studie (1): das Schlankheitsmittel Chitosan, der angebliche Fettmagnet, ist scheinbar kaum wirksam, vermeldet der Sprecher der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. in Bad Aachen Sven-David Müller-Nothmann.

Die Anbieter der Fettmagneten haben es mit ihrer Werbung erreicht, hunderttausenden Übergewichtigen  vorzumachen, dass die aus Krabbenschalen gewonnene Substanz Chitosan große Mengen Fett binden könne und eine Hilfe beim Abnehmen sei, prangert Müller an. Den jetzt in der renommiertesten Fachzeitschrift im Bereich Übergewicht, dem International Journal of Obesity, erschienenen Studienergebnissen zufolge, bewirkt Chitosan keinen klinisch signifikanten Gewichtsverlust im Vergleich zu einem Placebopräparat. Deshalb sollten Verbraucher lieber die Hände von diesem häufig als Fettmagnet beworbenem frei verkäuflichen Schlankheitsmittel lassen, empfiehlt Müller.

Täglich kaufen viele tausend Übergewichtige über das Internet, in der Apotheke sowie TV Verkaufssendern soviel Chitosan, dass der Umsatz in diesem Jahr 50 Millionen überschreitet, schätzt Müller. Damit macht Chitosan nur den Geldbeutel schlanker.

Die Studie hatte das Ziel, die Wirksamkeit von Chitosan auf den Gewichtsverlust bei Übergewichtigen zu überprüfen. Wissenschaftler der Universität Auckland, Neuseeland, wählten für ihre doppelblind placebokontrollierte Studie 250 Teilnehmer aus, die über 24 Wochen 3 Gramm Chitosan täglich beziehungsweise ein Placebopräparat einnehmen sollten.

Das Hauptaugenmerk der neuseeländischen Wissenschaftler richtete sich auf die Veränderungen des Gewichts der Studienteilnehmer. Chitosan soll durch Bindung von Nahrungsfett im Verdauungstrakt die Fettausscheidung erhöhen und damit eine Gewichtsreduzierung bewirken. Aus der Studie geht aber hervor, dass es keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Gewichtsverlustes und der Fettausscheidung über den Stuhlgang zwischen Chitosan- und Placebogruppe gibt, erläutert Müller. Aus diesem Grund ist die Verwendung von Chitosan zur Gewichtsreduktion aus ernährungsmedizinischer Sicht nicht zu empfehlen.

Chitosan ist scheinbar eher Schwindel, so Müller. Zu dem gleichen Ergebnis kommen auch die Autoren eines Übersichtsartikels zur Bewertung verschiedener Schlankheitsmittel in der anerkannten Fachzeitschrift Ernährung & Medizin (2). Nach Bewertung von Professor Dr. Andreas, Universität Hannover, fehlt den chitosanhaltigen Medizinprodukten ein wissenschaftlich fundierter Leistungsnachweis, so dass deren Rechtmäßigkeit in Frage gestellt werden müsse. Die Produkte haben trotz Anerkennung als Medizinprodukt und Zertifizierung keine Wirkung, schreibt Hahn.

Der Gesetzgeber ist jetzt aufgefordert, den Verbraucher vor Fettmagneten auf Chitosanbasis zu schützen, fordert Müller. Die Wunschvorstellung vieler Verbraucher, sozusagen im Schlaf abzunehmen, bleibt ein unerfüllbarer Traum. Die beste Möglichkeit der Gewichtsreduktion ist reichlich Bewegung und eine moderate Kalorienreduktion, so Müller abschließend.

Quellen:

(1) Mhurchu C Ni et al. : The effect of the dietary supplement, Chitosan, on body weight : a randomised controlled trial in 250 overweight and obese adults.    International Journal of Obesity 2004; 28: 1149-1156

(2) Ströhle A et al.: Nährstoffsupplemente und Functional Food zur Gewichtsreduktion – Wunsch und Wirklichkeit. Ernährung & Medizin 2004; 19: 121-128

Quelle: Aachen [ diata ]

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