Ernährungsstrategie verabschiedet

Das Bundeskabinett hat letzte Woche die Ernährungsstrategie der Bundesregierung beschlossen. Die Strategie mit dem Titel „Gutes Essen für Deutschland“ wurde federführend vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erarbeitet. Sie bündelt rund 90 geplante und bestehende ernährungspolitische Maßnahmen mit dem Ziel, gutes Essen für alle Menschen in Deutschland leichter zu machen. Mit der Strategie erfüllt das BMEL einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag und der Gesellschaft.

Bundesminister Cem Özdemir: "Essen und Trinken sind Grundbedürfnisse und gleichzeitig so viel mehr. Essen stiftet Identität, es ist Genuss und Tradition. Und wie wir uns ernähren, hat entscheidenden Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Ich will, dass jeder eine echte Wahl für gutes Essen bekommt. Leckeres, gesundes und nachhaltiges Essen darf nicht vom Geldbeutel abhängen oder davon, aus welcher Familie man kommt. Mit der Ernährungsstrategie der Bundesregierung schaffen wir Angebote, die allen gutes Essen ermöglichen. Entscheiden muss sich dann jeder selbst, da hat niemand jemandem etwas vorzuschreiben."

Derzeit wird den Menschen dort, wo sie im Alltag essen oder Lebensmittel kaufen, gesundes, leckeres und nachhaltiges Essen häufig schwergemacht – ob in Schule, Kantine oder Supermarkt. Oft sind sie mit vielfältigen, teils widersprüchlichen Informationen konfrontiert. Die Folgen sind gravierend: Mehr als jeder zehnte Mensch in Deutschland ist zuckerkrank. Ungesunde Ernährung wird mit 14 Prozent aller Todesfälle in Verbindung gebracht. Und was den Menschen schadet, schadet oft auch der Umwelt.

Mit der Ernährungsstrategie setzt sich die Bundesregierung insbesondere für vielseitiges Essen in Kitas, Schulen und Kantinen und ein reicheres Angebot an gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln in Supermärkten ein. Ziel ist, eine vielseitige Ernährung mit viel Gemüse und Obst zu stärken. Zudem wollen wir die Verschwendung von Lebensmitteln deutlich und nachhaltig senken. Und: Diese Bundesregierung ist die erste, die Ernährungsarmut als gesellschaftspolitisches Problem anerkennt und ihr den Kampf ansagt. Insgesamt bündelt die Strategie ressortübergreifend kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen der Bundesregierung mit einem Zielhorizont bis 2050.

Bundesminister Özdemir: "Unser Ernährungsreport hat gezeigt, dass die Ernährung vieler Menschen sich rasant verändert. Wichtig ist ihnen, dass es schmeckt. Und die Bürgerinnen und Bürger legen Wert auf gesunde, leckere und nachhaltige Angebote. Als Politik ist es unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass sie eine echte Wahl haben, denn das ist auch eine Frage der Chancengerechtigkeit."

Hintergrund
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, eine Ernährungsstrategie insbesondere mit Blick auf Kinder und Jugendliche zu beschließen. Eckpunkte dazu hatte das Kabinett im Dezember 2022 verabschiedet. Die Ernährungsstrategie wurde in einem partizipativen und ergebnisoffenen Prozess erarbeitet. Beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft, Verbraucherschaft, Gesundheitssektor, Umweltschutz und Zivilgesellschaft. Dazu fanden mehrere Veranstaltungen und eine breit angelegte Online-Umfrage statt. Bürgerinnen und Bürger wurden über ein Bürgerforum eingebunden.

Die Ernährungsstrategie baut zudem auf strategischen und wissenschaftlichen Arbeiten auf, beispielsweise des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) beim BMEL, des Umweltbundesamtes (UBA) oder der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Die Strategie formuliert sechs Ziele. Neben der Verbesserung der Gemeinschaftsverpflegung, der Reduzierung der Lebensmittelverschwendung und der Stärkung einer pflanzenbetonten Ernährung sind dies der sozial gerechte Zugang zu gesunder und nachhaltiger Ernährung, die Unterstützung einer angemessenen Nährstoff- und Energieversorgung und Bewegung sowie die Erhöhung des Angebots nachhaltig und ökologisch produzierter Lebensmitteln.

Ein vielseitigeres Essen in Kitas und Schulen soll beispielsweise durch verbindliche Ernährungsstandards und Beratung, die Förderung von Schulküchen und Trinkwasserspendern sowie Ernährungsbildung für Kinder und Erziehende gefördert werden. Um die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren werdenu.a.verbindliche Ziele entlang der Lebensmittelkette angestrebt sowie die Information und Unterstützung von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Auch die Forschung soll ausgeweitet werden, etwa durch ein nationales Ernährungsmonitoring und den Aufbau eines modernen, permanenten Lebensmittelmonitorings. Um allen den Zugang zu gutem Essen zu ermöglichen, wollen wir die Wissensbasis zur Ernährungsarmut verbessern, die Ernährungssituation in armutsgefährdeten Haushalten mit Kindern besser verstehen und interministeriell noch besser zusammenarbeiten.

Die Ernährungsstrategie wurde auch vor dem Hintergrund zunehmender ernährungsmitbedingter Krankheiten entwickelt. So sind in Deutschland mindestens 8,5 Mio. Menschen an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten von Adipositas in Deutschland belaufen sich laut einer Studie aus 2015 auf etwa 63 Milliarden Euro pro Jahr. Die direkten Gesundheitskosten einer zu hohen Aufnahme von Zucker, Salz und gesättigten Fettsäuren wurden für das Jahr 2008 auf 16,8 Milliarden Euro geschätzt. Das entsprach sieben Prozent der gesamten Behandlungskosten in Deutschland.

Mit der Ernährungsstrategie der Bundesregierung leisten wir zudem einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit der Zukunft, die durch Kriege, Klimakrise und Artensterben gefährdet ist. Die Ernährungsstrategie trägt dazu bei, die nationalen und internationalen Klima-, Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung zu erreichen. Laut dem Ernährungs- und Landwirtschaftsreport (2023) der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) belaufen sich die sogenannten versteckten Kosten des Ernährungs- und Landwirtschaftssystems allein in Deutschland auf rund 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Etwa 90 Prozent davon werden laut Bericht in Deutschland durch unausgewogene Ernährung verursacht.

 

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